Redebeitrag von „Rassismus tötet!“

13 Aufzüge der PEGIDA in Dresden, mittlerweile der dritte sog. “Spaziergang” des Leipziger Abklatschs LEGIDA sowie eine Vielzahl weiterer Aufmärsche anderer Ableger liegen hinter uns. Unserer Auffassung nach ist es verkehrt von einem Niedergang dieser Bewegung auszugehen. Wir teilen auch nicht die Meinung, dass PEGIDA und Co. ihren Zenit erreicht hätten und somit in absehbarer Zeit wieder verschwinden würden.

Ebenso ist es verkehrt, lediglich auf Blockaden und Proteste jedweder Form gegen PEGIDA/LEGIDA zu setzen und dabei zu glauben, dass das bloße Verhindern oder Blockieren der Aufmärsche ausreichen würde. Durchaus ist das Verhindern wichtig und ein solidarisches sowie konsequentes Vorgehen notwendig! Dies schränkt den Raum des Sag- und Machbaren der Teilnehmenden jener rassistischen und menschenverachtenden Aufzüge ein. Eine antifaschistische und antirassistische Intervention muss dennoch auch jederzeit außerhalb dieser Events stattfinden!

Deutschland ist schon immer rechts!

Das Problematische an solchen Annahmen, PEGIDA würde in absehbarer Zeit verschwinden, ist das Verkennen von nicht nur – aber vor allem – von rassistischen Kontinuitäten. Und diese zeigen auf, dass das gesellschaftliche Klima nie anders als rechts war. Menschen, die als nicht-deutsch wahrgenommen werden, müssen nicht erst seit der Sarrazin-Debatte mit persönlichen Einschränkungen, Diskriminierungen, Abwertung und Gewalt durch Staat und Gesellschaft leben. Dies zeigen uns personelle wie rechtliche Kontinuitäten nach dem Nationalsozialismus. Dies zeigt uns die bundesdeutsche Asylgesetzgebung seit den 1980er Jahren. Dies zeigen uns die 184 bekannten Todesopfer rechter Gewalt seit 1990, wobei von etlichen Unbekannten auszugehen ist, vor allem vor 1990. Die zeigt uns die Hohe Akzeptanz von NPD, DVU und Republikanern die letzten Jahrzehnte, die immer wieder in Landesparlamente oder Gemeinderäte gewählt wurden. Dies zeigen uns Studien, wie die „Deutschen Zustände“ oder die so genannten „Mitte-Studien“. Die als vermeintlich “fremd” definierten Menschen werden in Deutschland seit jeher stigmatisiert, ausgegrenzt, entrechtet, und in den schlimmsten Fällen sogar ermordet.

Und wie diese von vermeintlich “Deutschen” abzugrenzen seien, stellt eine Studie für Integrations- und Migrationsforschung dar. Ihre Ergebnisse zeigen, dass fast 40 Prozent der Befragten nur solche Menschen als deutsch bezeichnen, die akzentfrei Deutsch sprechen, deutsche Vorfahren haben und kein Kopftuch tragen. Dahinter verbirgt sich völkisches Denken und damit der Wunsch nach einem ethnisch-homogenen Nationalstaat.

Das Denken bei PEGIDA und LEGIDA

Durch die Parole “Wir sind das Volk!”, die die Anhänger/innen der –GIDAS in Dauerschleife verwenden, kommt das völkische Denken besonders deutlich zum Vorschein. Es definiert, wer zum selbst ernannten “deutschen Volk” gehört und wen die Rassist/innen unter “Wir” verstehen.

Doch verbirgt sich hinter der Parole nicht nur eine Abgrenzung nach außen, also gegen die vermeintlich “Anderen”, sondern ebenso nach innen – konkret gegen Politiker_innen, Presse sowie jene, die gegen diese Aufmärsche protestieren. Diese Menschen brauchen einerseits eine Masse, mit der sie sich bewegen und andererseits Führungsfiguren, an denen sie sich orientieren können. Die –GIDAS sind somit nicht nur völkisch, sondern ebenso autoritär.

Vor –GIDA

Zurückblickend auf die vergangenen Jahre lassen sich einige solcher völkischen und autoritären Bewegungen ausmachen. Zum Einen wären da Aufmärsche so genannter Vertriebenenverbände, die rassistischen Pogrome Anfang der 90er Jahre sowie die Aufzüge gegen die Wehrmachtsausstellung zu nennen. Zum Anderen kam es seit 2012 bundesweit zu rassistischen Mobilisierungen gegen Asylsuchende und die Errichtung von Geflüchteten-Unterkünften. Im Sommer 2014 kamen antisemitische Aufmärsche und die “Mahnwachen”-Bewegung hinzu, die in den s.g. Friedenswinter überging. Letztlich ebenso die HoGeSa, die sich mittlerweile von PEGIDA losgesagt haben und sich der ENDGAME-Bewegung, also der “Engagierten Demokraten gegen die Amerikanisieurung Europas”, einen potentenziellen Nachfolger der antisemitischen Montagsmahnwachen, angeschlossen haben. Trotz dessen werden sich auch weiterhin diverse Hooligangruppen an den rassistischen Aufmärschen beteiligen, wie es wiederholt bei LEGIDA deutlich wurde.

Das s.g. PEGIDA-Orgateam bekennt sich zu Kontakten zur Mahnwachenbewegung und ließ u.a. den Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker Stephane Simon mehrmals sprechen. Dieser nutzte jenes Podium, um seinen ganzen Hass gegen Politiker_innen, Medien und Demokratie abzulassen. LEGIDA selbst zeigt ihre Nähe zu den genannten Bewegungen bereits in ihrem Positionspapier und bestätigt diese Nähe durch Reden ihres Orga-Teams. Oder auch durch die geladenen Redner/innen, deren Äußerungen gespickt waren von Verschwörungstheorien. So war in der vergangenen Woche u.a. der aktive Querfrontler Jürgen Elsässer auf der Bühne.

Es geht auch um Abgrenzung!

Zwar ist LEGIDA deutlich radikaler zu verorten als PEGIDA, dennoch kann beiden eine Querfront-Funktion zugesprochen werden. So werden auch jene selbsternannten Linken bei PEGIDA/LEGIDA aktiv, die schon zuvor die verschwörungstheoretischen Mahnwachen als positiv betrachteten, sie besuchten, teilweise mit Reden begleiteten oder sogar organisierten.

Es gilt sich von all jenen Personen und Zusammenhängen abzugrenzen, denen eine ideologische Schnittmenge mit den GIDAS zu konstatieren ist und sie in den Fokus der Kritik zu rücken. Somit ist ein Protest gegen PEGIDA/LEGIDA und Co. gleichzeitig auch ein Widerstand gegen eine rassistische, antisemitische, sexistische sowie eine auf Leistungs- und Konkurrenzdruck beruhende Gesellschaft. Schlussendlich ein Protest gegen Leipziger, Sächsische sowie Deutsche Zustände!

Zum Schluss

Daher lasst uns heute jenen die Bewegungsfreiheit nehmen, die Menschen, die von Rassismus betroffen sind, in Angst versetzen und ihnen ihre Freiheiten einschränken. Lasst LEGIDA nicht laufen! Lasst uns ihren Aufmarsch verhindern und zukünftig rassistische und andere menschenverachtende Ideologien entlarven und angreifen, auch wenn es selbsternannte Linke trifft. Das antirassistische Engagement darf dabei jedoch nicht nur auf wenige Tage im Jahr beschränkt bleiben. Die aktive Unterstützung von Asylsuchenden und der Kampf gegen Deutsche Zustände muss auch fernab von LEGIDA jeden Tag stattfinden!

“Rassismus Tötet!”-Leipzig

Januar 2015