Von einen mutmaßlichen Rechten Mord versuch und dem Schweigen danach
Wir sind von der unabhängigen und unkommerziellen Nachrichten Plattform „Alternative Dresden News“. Wir schreiben über Aktionen, Demonstrationen und was sonst noch so in Dresden und Umland passiert. Eigentlich halten wir keine Redebeiträge auf Demonstrationen, sondern berichten nur über sie. Doch ein Ereignis ende August in Dresden führt dazu, das wir heute hier stehen und euch in dieser Form darüber berichten.
Was war Passiert?
Am 28. August stach ein 16 Jähriger auf einer Free Tekk, also einer nicht angemeldeten und unkommerziellen Party, auf zwei Personen ein. Schon an sich ein schreckliches Ereignis deren Hintergründe es näher zu beleuchten gilt. Schnell erreichten uns Informationen, dass es sich bei dem Täter um einen Neonazi gehandelt haben könnte. Aus der Mitteilung der Polizei Sachsen war dies jedoch nicht zu entnehmen. Der Focus der Nachricht lag vor allen auf dem Ort der Tat: „einer illegalen Techno Party“. Erst auf Nachfrage des Nachrichten Kollektives „Straßengezwitscher“ erklärte die Polizei auf Twitter, das im Zuge der Zeugenvernehmungen heraus kam, das der Beschuldigte einen Hitlergruß gezeigt und vor Begehung der Tat eine Person rassistisch beleidigt haben soll. Auch soll der Mutmaßliche Täter bereit in der Vergangenheit durch einschlägige Delikte wie „Verwenden von Kennzeichen Verfassungsfeindlicher Symbole“ aufgefallen sein. Wir berichten daraufhin das erste mal unter dem Titel „Mutmaßlicher rechts motivierter Messerangriff“, entgegen der Ansicht der Polizei Sachsen, die ein politisches Tatmotiv vorerst ausschloss, auch wenn der Staatsschutz an den Ermittlungen beteiligt war.
Das Schweigen zieht sich weiter!
Trotz des Sachverhaltes, das es im Vorfeld der Straftat zu einer rassistischen Beleidigung kam, fanden sich in den Berichten der Lokalpresse von DNN über SZ bis zu Mopo keine Bezugnahme darauf. Im allgemeinen waren keine größeren journalistische Aktivitäten im Zusammenhang mit der Tat zu sehen. Die wenigen Artikel schrieben im groben nur den Bericht der Polizei Sachsen ab. Dies änderte sich auch nicht, als die „Undogmatische radikale Antifa Dresden“ (URA) mit einer Demonstration durch die Dresdner Neustadt auf das mögliche Motiv aufmerksam machte. Trotz ausführlichen Beitrag und Pressemitteilung fanden sich keine Berichte in den Zeitungen. Unabhängige Formate wie der Nachrichtenblog „Neustadt Geflüster“ oder wir waren die einzigen, die zu der Demonstration und dem Anliegen etwas veröffentlichten. Jedoch war es auch für uns schwer an nähere Informationen zu kommen.
Durch den Kontakt zu Menschen, die auf der Party waren, ließ sich nur ein unvollständiges Bild zusammenstellen. Kaum jemand hatte etwas gesehen oder konnte mit Sicherheit den Tathergang rekonstruieren. Auch die Polizei gab keine weiteren Informationen heraus.
Erst antifaschistische Recherche konnten zu mindestens nähere Informationen zu dem Täter Florian Rosenkranz ans Licht bringen. Die Aktivist*innen beleuchteten in einem Beitrag das Facebookprofil, die Lebensumstände und Kontakte des 16-Jährigen. Sie legten nahe, das der Täter in einen Umfeld groß geworden sei, in der Gewaltaffinität und rechtes Gedankengut eine Rolle gespielt haben könnten. Über seine Brüder bestand wohl direkter Kontakt ins Neonazistische Milieu. So folgte Rosenkranz mehreren überregionalen Nazis und bezeichnete sich auf einen Account als „Flo Hass im Blut“ und schmückte ihn mit dem Nazispruch „Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder, Flink wie Windhunde“. Wir berichteten im Anschluss an den Beitrag ausführlich über die Recherche. Auch wenn es keine festen Belege für einen neonazistische Tat gibt, war es uns wichtig aufzuzeigen, das es Anhaltspunkte dafür gibt und die Notwendigkeit besteht, in eine solche Richtung zu ermitteln. In der DNN kam erst knapp einen Monat nach den Veröffentlichungen des Beitrages einen Artikel, der die Erkenntnisse berücksichtigte. Die Polizei hingegen geht weiterhin von keinen rechten Tatmotiv aus.
Was bleibt?
Die Berichterstattung und Ermittlungen im Fall Florin Rosenkranz machen ein weiteres mal die Missstände im Freistaat Sachsen deutlich. Sie zeigen, dass häufig nur wenig Interesse an einer transparenten Aufarbeitung gibt, welche Motive einen 16-Jährigen dazu bringen, auf zwei Menschen einzustechen. Es wäre nicht das erstemal. Erinnert sei etwa an den Prozess gegen die Mörder von Christopher W. in Aue. Das Gericht wollte trotz zahlreicher Hinweise kein rechtes Tatmotiv erkennen.
Der Fall zeigt auch, wie wichtig eine kritische Gegenöffentlichkeit, antifaschistische Recherchen und Interventionen sind es, die immer wieder eine Aufarbeitung einfordert und häufig die journalistischen Arbeit übernehmen. Es wäre zu wünschen, dass Journalist*innen der Lokalpresse mit der gleichen Akribie arbeiten. Das die Arbeit und Informationspolitik der Polizei als politischer Akteur kritisch hinterfragt werden muss, steht außer Frage.
Wir hoffen das auch im Fall des zweifachen Messerangriffes aus Dresden das Schweigen gebrochen wird und es zu einer transparenten Aufarbeitung kommt. Wir werden an dem Fall dran bleiben und weiterhin berichten.
Danke an alle Aktivist*innen, die uns dabei unterstützen und häufig wichtige Informationen liefern.
Siamo tuti Antifascisti