Veranstaltungsreihe “Aktiv Gedenken statt schweigend Vergessen!” startet am 4. Juli 2017 mit einer Kundgebung in Gaschwitz
Die Gruppe “Rassismus tötet!” – Leipzig beginnt nächste Woche ihre Veranstaltungsreihe “Aktiv Gedenken statt schweigend Vergessen!” mit einer Kundgebung. Seit 2011 fand in Leipzig eine jährliche Gedenkdemonstration für den 2010 von Neonazis ermordeten Kamal K. statt. Diese Demonstration war ein Gedenken an alle Opfer rechter Gewalt. Mit der Veranstaltungsreihe “Aktiv Gedenken statt schweigend Vergessen!” soll über das weitere Jahr an die seit 1990 mindestens zehn Menschen in Leipzig erinnert werden, die aus rechten Motiven ermordet wurden.
“Das aktive Erinnern an rechte Gewalttaten und an die Konsequenzen, welche diese für die betroffenen Familien und Freund*innen haben, ist zentral für eine antifaschistische Politik. Der Blick auf den NSU-Komplex zeigt deutlich, dass die Arbeit parlamentarischer Untersuchungsausschüsse und Gerichtsverfahren kaum greifen. Erst durch das Eingreifen nichtstaatlicher Gruppen und Initiativen wird den Opfern, Betroffenen und deren Angehörigen ein angemessenes Gedenken ermöglicht.”, so Hannes Heinze für die Gruppe “Rassismus tötet!”-Leipzig.
Am 4. Juli 2017 findet um 17:30 Uhr eine Kundgebung in der Nähe des Bahnhofes Gaschwitz in Gedenken an Nuno Lourenço statt.
Der portugiesische Zimmermann Nuno Lourenço war 1998 wegen eines Montage-Auftrages auf dem heutigen MDR-Gelände in Leipzig für ein halbes Jahr nach Deutschland gekommen. Am 4. Juli 1998, Nuno Lourenços 49. Geburtstag, verließ er mit vier Kollegen die gemeinsame Unterkunft in Gaschwitz. Während er von einer Telefonzelle aus mit seiner Familie in Portugal telefonierte, verlor das deutsche Fußballteam bei der Weltmeisterschaft in Frankreich gegen Kroatien 0:3 und schied damit aus dem Turnier aus. Dies nahmen Neonazis aus der Region zum Anlass, Jagd auf Migrant*innen zu machen.
Nuno Lourenço und seine Kollegen wurden von acht 15- bis 21-jährigen Neonazis aus Leipzig und dem Leipziger Umland angegriffen. Während seine Kollegen fliehen konnten, schlugen die mit Eisenketten bewaffneten Angreifer auf Nuno Lourenço ein und schnürten ihm die Kehle zu, bis er am Boden lag. Sie traten weiter mit Springerstiefeln auf ihn ein. Dabei schrien sie rassistische Parolen.
Nuno Lourenço wurde nach dem Angriff mit schweren Verletzungen und inneren Blutungen in ein Leipziger Krankenhaus gebracht. Am 29. Dezember 1998, ein knappes halbe Jahr später nach der Tat, starb Nuno Lourenço in Folge des Angriffs an seinen schweren Verletzungen in Portugal.
Nuno Lourenço wird erst seit 2009 als Opfer rechter Gewalt in offiziellen Statistiken aufgezählt. Warum dies mehr als zehn Jahre gedauert hat, bleibt bis heute offen. Viele der damaligen Täter leben heute wieder ungestört in ihrer alten Nachbarschaft, auch in Gaschwitz.
“Wir wollen, dass Menschen wie Nuno Lourenço nicht vergessen werden, Menschen, die nicht ins Weltbild von deutschen TäterInnen passten und deshalb ihr Leben lassen mussten.”, so Hannes Heinze abschließend.