Die Gruppe „Rassismus tötet!“ – Leipzig kritisiert die „Ausstufung“ der brutalen Tötung von Christopher W. in Aue 2018 durch das Innenministerium Sachsen (1) und ruft zur breiten Beteiligung an der
Gedenkdemonstration am 19. April 2025 in Aue von der Initiative „SPEKTRUM 360°“ auf.
Derzeit gehen Opferberatungsstellen und Journalist*innen für den Zeitraum zwischen 1990 bis 2023 von mindestens 195 Tötungsdelikten mit rechten, rassistischen und antisemitischen Tatmotivation sowie von mindestens 65 Verdachtsfällen in Deutschland aus. Für den gleichen Zeitraum hat das Bundeskriminalamt lediglich 115 PMK-Rechts Tötungsdelikte anerkannt. (2)
In Sachsen zeichnet sich ein ähnliches Bild, hier gehen Journalist*innen (3), Opferberatungsstellen und Initiativen wie „Rassismus tötet!“ – Leipzig von 17 rechtsmotivierten Tötungsdelikten seit 1990 aus, hinzu kommen 9 Verdachtsfälle. Vom Innenministerium werden mit der Streichung des Mordes in Aue nur noch 9 Tötungsdelikte gezählt.
Seit mehr als zehn Jahren erinnert die Gruppe „Rassismus tötet!“ – Leipzig in Sachsen an Todesopfer rechter Gewalt. Die Initiative begleitete zwei Mord-Prozesse gegen Täter am Landgericht Leipzig (den
Mord an Kamal K. 2010 in Leipzig und den Mord an André K. 2011 in Oschatz) und erarbeitete für die Region 2014 eine Ausstellung „Die verschwiegenen Toten – Todesopfer rechter Gewalt in Leipzig seit 1990″, die aktuell überarbeitet wird (4).
Ein Sprecher der Gruppe „Rassismus tötet!“ – Leipzig, Hannes Heinze,
erklärt dazu:
In der Antwort des Innenministers zur Drucksache (8/1829) wird der Eindruck erweckt, dass Landtagsanfragen ursächlich für die „Ausstuftung“ für den Mord in Aue sind. Wir erinnern uns hingegen daran, dass erst mehrmalige Landtagsanfragen nach unserer veröffentlichten Ausstellung notwendig waren, damit der Mord 2003 an dem Schüler Thomas K. in Leipzig nach über zehn Jahren anerkannt wurde (5). Seit Jahrzehnten wird die rechte Gewalt in Deutschland verharmlost und vertuscht, es hat sich nach bald 25 Jahren Auseinandersetzung mit diesem Thema, kaum etwas verbessert (6). Es scheint als würde jeder Strohhalm genutzt um rechtsmotivierte Tötungsdelikte nicht als solche benennen zu müssen. Es ist unfassbar und macht wütend, immer wieder um jedes Todesopfer rechter Gewalt mit Behörden streiten zu müssen.
Es sind Angehörige, engagierte Nebenkläger*innen, Journalist*innen und Initiativen, wenn es sie denn in Gerichtsverhandlungen gibt, die immer wieder auf mögliche Motive hinweisen müssen und die Hintergründe der Taten öffentlich machen, wie aktuell in Solingen (7). Es wäre ein wichtiges Zeichen, dass am 19. April bei der Gedenkdemonstration in Aue viele Menschen deutlich machen, dass der Mord an Christopher W. nicht vergessen wird und die Hintergründe der Tat nicht verschwiegen werden. Der Mord an Christopher W. muss wieder von Seiten der Behörden offiziell anerkannt werden. Dies fordern wir auch für die weiteren Todesopfer rechter Gewalt, die bis heute nicht anerkannt sind oder ebenfalls aus der Statistik nachträglich entfernt wurden.
Die Demonstration am 19. April 2025 startet um 14 Uhr am Bahnhof in Aue.
(1) vgl. https://www.linksfraktionsachsen.de/presse/detail/toetung-eines-mannes-2018-in-aue-gilt-nicht-mehr-als-rechtsmotivierte-straftat-juliane-nagel-weder-nachvollziehbar-noch-fachlich-haltbar/
https://www.raa-sachsen.de/support/pressemeldungen/toetung-von-christopher-w-innenministerium-in-sachsen-erkennt-kein-politisches-motiv-mehr-an-9431
(2) https://verband-brg.de/stellungnahme-bleibende-anerkennungsluecken-fuer-todesopfer-rechter-gewalt/
(3) https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/todesopfer-rechte-gewalt-karte-portraet
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-09/rechtsxtremismus-todesopfer-gewalt-verdacht
(4) vgl. Seite 84 https://chronikle.org/leipziger-zustaende/leipziger-zustaende-2025
(5) https://www.l-iz.de/leben/faelle-unfaelle/2015/01/Toetungsverbrechen-Innenministerium-erkennt-Opfer-rechter-Gewalt-an-62387
https://www.inventati.org/leipzig/?p=3037
https://www.l-iz.de/politik/sachsen/2014/08/opfer-rechter-gewalt-was-nicht-ins-raster-passt-56671
(7) https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190381.behoerdenversagen-solingen-unterschlagung-von-beweismitteln.html
https://taz.de/Rassistische-Brandstiftung-in-Solingen/!6080853/